Architektur & Hochbau

Barrierefrei Bauen - Teil Eins

Ist Ihnen das auch schon einmal passiert: Da haben Sie endlich den Eingang des großen Verwaltungskomplexes (der Hochschule, des Flughafens) gefunden – und kaum zwei Treppen oder Flure weiter wissen Sie nicht mehr, wie sie zum gewünschten Ziel kommen. Sie haben komplett die Orientierung verloren und stehen vor einer – im Glücksfall nur für Momente – unüberwindbaren Barriere. Schon sind wir mittendrin im großen und wichtigen Themenfeld Barrierefreies Bauen!

Wieso Barrierefreiheit?

Aber Moment, sagen Sie jetzt: Barrierefreiheit – das hat doch etwas mit Rollstuhlrampen und Fahrstühlen zu tun! Sie selbst aber sind weder blind noch gehbehindert. Warum also ist das Thema auch für Sie relevant?

Ganz einfach: Barrieren können ganz unterschiedlicher Natur sein und ganz verschiedene Nutzer betreffen. Ob Zugangsbeschränkungen für Sehbehinderte, Rollstuhlfahrer oder Einwanderer mit schlechten Deutsch-Kenntnissen – Barrierefreies Bauen erhebt ganz einfach den Anspruch auf bestmögliche Zugänglichkeit für Alle

Barrierefrei ist also mehr als nur "behindertengerecht"?

Was macht einen barrierefreien Zugang zu einem öffentlichen Gebäude für Sie aus? Die Rollstuhlrampe sicherlich. Automatisch öffnende Türen. Fassen Sie nun die Zielgruppe noch etwas weiter, dann gehört auch die Sprachansage oder die Blindenschrift am Fahrstuhl-Display dazu. Oder Symbole, die ein textbasiertes Orientierungssystem unterstützen.

Sie merken selbst: verschiedene Nutzer erleben verschiedene Einschränkungen als problematisch bis unüberwindbar, als Barrieren also. Die Grenze zwischen "behindert" und anderweitig "eingeschränkt" ist dabei fließend.

"Während sich der Begriff 'behindertengerecht' auf den spezifischen Bedarf bestimmter Personen bezieht, schließt die Barrierefreiheit alle Menschen der Gesellschaft ein." (Julia Hübner, Fachplanerin für Barrierefreies Bauen)

Barrieren sind alltäglich ...

"Hindernisse können sehr unterschiedlich sein",

so Architektin Julia Hübner, die als erfahrene Fachplanerin für Barrierefreies Bauen das Team der bauplanung plauen verstärkt.

Die fremde Sprache, die Sie nicht verstehen. Die defekte Rolltreppe am Bahnhof. Eine hohe Bordsteinkante. Eine Treppe ohne Geländer. Ein unzweckmäßig eingerichteter Arbeitsplatz. Dass jeder von uns im Alltag auf diverse Barrieren stößt, ist kaum verwunderlich: Schließlich bringen wir alle unterschiedliche Bedürfnisse, Möglichkeiten und Einschränkungen mit – vor allem in öffentlichen Gebäuden treffen diese dann auch noch aufeinander und sorgen nicht selten für Ärgernis. 

... aber vermeidbar

"Diese Hindernisse zu identifizieren und elegante Lösungen zu kreieren, ist eine spannende Aufgabe." (Julia Hübner)

Dabei sind die meisten Barrieren vermeidbar. Oft bedarf es nur einer bewusst durchdachten Gestaltung unserer Umwelt. Es braucht nur Planer, die sich mit der konkreten Perspektive der Nutzer auseinandersetzen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, finden wir.

Genauso selbstverständlich und naheliegend sind die Lösungen: Sprachbarrieren können mit eindeutigen Symbolen überwunden werden. Nicht nur Rollstuhlfahrer sind für ebenerdige Zugänge, Rampen und Aufzüge dankbar. Flure und Räume sollten bestimmte Mindestmaße nicht unterschreiten (auch in privat genutzten Gebäuden, aber dazu später mehr). Intelligente Technologien und IT-gestützte Systeme können darüber hinaus spürbar für Nutzerfreundlichkeit sorgen.

Expertise für Barrierefreies Bauen: Fachplanerin Julia Hübner

"Was für einige Menschen notwendig ist, für Menschen mit Behinderungen etwa, ist für alle anderen zumindest angenehm und erleichtert den Alltag." (Julia Hübner)

Da gute Architektur immer den Anspruch haben sollte, den Alltag, das Leben und die Arbeit der Menschen zu erleichtern, ist Barrierefreiheit ein Thema, das uns alle angeht. Finden wir.

Deshalb beschäftigt die bauplanung plauen seit 2021 extra eine Fachplanerin für Barrierefreies Bauen. Der Fokus der Architektin Julia Hübner liegt auf den Anforderungen verschiedenster Nutzerkreise und dem Abbau von Barrieren jedweder Art – in öffentlichen wie auch in privaten Bauprojekten.

In ihrer Arbeit greift Julia Hübner auf verschiedene DIN-Normen zurück, die Mindeststandards für Barrierefreies Bauen definieren und sich in einigen Bundesländern schon im Bauordnungsrecht wiederfinden. Darüber hinaus sieht sie ihre Aufgabe auch darin, das Bewusstsein für verschiedene Bedürfnisse zu wecken und Bauherren diesbezüglich zu beraten.

Das Thema Barrierefreies Bauen werde noch immer stiefmütterlich behandelt, so Julia Hübner, und das vor allem aus Kostengründen. Dabei sei das zu kurz gedacht. Denn auf lange Sicht zahle sich Barrierefreiheit als nachhaltige Form des Bauens immer aus.

Warum das so ist, warum Barrierefreiheit auch im privaten Wohnungsbau immer wichtiger wird, und warum es generell eine gute Idee ist, Architektur für möglichst viele Nutzer zu planen, erfahren Sie im zweiten Teil dieses Beitrags.


10.02.2022

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